Sie wollte Himmel und Hölle vernichten
19:30 - 21:00
8005 Zürich
Auf den Spuren von Rabi’a, der Sängerin der Gottesliebe
Eine Frau läuft durch die Straßen einer Stadt. Sie hält einen Krug mit Wasser in der einen, eine brennende Fackel in der anderen Hand. Man fragt sie: «Was hast du vor?». Sie antwortet: «Ich will Wasser in die Hölle gießen und Feuer ans Paradies legen, damit diese beiden Schleier verschwinden und die Menschen Gott nicht aus Furcht vor der Hölle oder aus Hoffnung aufs Paradies anbeten, sondern allein um Seiner urewigen Schönheit willen.»
Diese Geschichte ist eine von vielen, die in der islamischen Welt über Rabi’a al-Adawiyya erzählt werden. Geboren wurde sie zwischen 713 und 721 in Basra, im heutigen Irak. Sie war die erste Frau, die in einer von düsterer Askese geprägten religiösen Bewegung ihrer Zeit die Botschaft der uneigennützigen, absoluten Gottesliebe verkündete.
Ihre Geschichte und Botschaft gelangten durch die Kreuzzüge auch in die christliche Welt. Die muslimische Heilige fand Anhänger:innen unter Christinnen und Christen. Fast tausend Jahre nach ihrem Tod klang ihre Stimme im heftigen theologischen Streit über «L’amour pur» («die reine Gottesliebe») in Frankreich noch nach.
Rabi’a verfasste keine einzige Zeile, hinterliess jedoch ein mündlich überliefertes spirituelles Werk von zentraler Bedeutung. Dieses Werk besteht aus sprichwörtlich gewordenen Äußerungen und schlichten, ergreifenden Gedichten. Darin sprach sie als Erste Gott in einer erotischen Sprache an – einer Sprache, die Parallelen zur Mystik der Heiligen Teresa von Avila aufweist.
Referentin: Dalila Zouaoui– Becker